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 ALGERISCHE KULTUR
Bavarois Offline




Beiträge: 804

11.01.2010 20:07
50. Todestag von Albert Camus Antworten

Literatur

Kulturjournal

"Ja, es gibt die Schönheit und es gibt die Erniedrigten. Ich hoffe, dass ich weder der einen noch den anderen untreu geworden bin, welche Mängel ich als Mensch und als Schriftsteller auch haben mag."

Ein Satz, der dem 1913 in ärmsten Verhältnissen in Algerien geborenen Albert Camus immer besonders wichtig war - die Schönheit und die Misere Algeriens, Schönheit trotz der Armut, in der Armut.

Autobiografisches Romanmanuskript
Als Albert Camus heute vor 50 Jahren starb, da fanden die Helfer in den Trümmern des an einem Baum der Nationalstraße 5 zerschellten Sportwagens ein Manuskript - 144 Seiten stark. "Der erste Mensch" - Camus' unvollendeter autobiografischer Roman, der erst 1994 veröffentlicht werden sollte. Es ist die Aufarbeitung von Camus' eigener Familiengeschichte, erzählt von einer Welt der Armut, der kleinen Leute im Algerien der Zwischenkriegszeit.

Camus' Vater, ein nach Algerien ausgewanderter Elsässer, war während der Marneschlacht gefallen, als sein Sohn gerade ein Jahr alt war, Camus' Mutter durch einen Unfall taub geworden und bis an ihr Lebensende Analphabetin. In diese Welt seiner Kindheit war Camus wieder eingetaucht, in den zwei Jahren nach dem Literaturnobelpreis, über den er, der ehemalige Torhüter des Racing Clubs Algier am Rande eines Fußballspiels sagte:

"Ich denke, es hätte mindestens zwei oder drei Schriftsteller gegeben, die den Preis mehr verdient hätten als ich. Aber sie hatten wohl beschlossen, einen französischen Schriftsteller zu ehren und wollten vielleicht zeigen, dass Frankreich manchmal ein jüngeres Gesicht haben kann, als man gemeinhin annimmt."

Krieg in Algerien
Als Camus den Nobelpreis entgegennahm und sich danach von dem Preisgeld ein Haus in einer der schönsten Ecken der Provence gekauft hatte, wo ihn das Licht, die Vegetation und die Linien der Landschaft an sein geliebtes Algerien erinnerten, da tobte ebendort der Krieg, wurden Menschen gefoltert und deportiert, Sprengstoffanschläge erschütterten die algerischen Städte.

Camus verurteilte die Gewalt auf beiden Seiten, forderte vergeblich einen Waffenstillstand, weigerte sich, die algerische Befreiungsfront FLN bedingungslos zu unterstützen, eine Haltung, die ihn in der Welt der Pariser Intellektuellen isolierte, ja ihm heftige Kritik einbrachte, wie auch der Satz, den er 1957 mit Blick auf den Algerienkonflikt gesagt hatte: "Ich glaube an die Gerechtigkeit, aber wenn ich wählen müsste, würde ich zunächst meine Mutter verteidigen."

Danach beschloss Camus, sich zum Algerienkonflikt nie mehr öffentlich zu äußern. Der algerische Schriftsteller und Camus' Freund, Mouloud Feraoun, erinnerte sich:

"Er sagte: Ich hab Algerienschmerzen, als hätte ich Schmerzen in der Lunge. Das ist sehr bezeichnend. Es gelang ihm nicht, in seinem Inneren klar zu sehen, er sah keinen Ausweg. Er liebte Algerien sehr, war Algerier, auf der anderen Seite ein großer französischer Schriftsteller, seine Zerrissenheit war unglaublich, gerade für einen so sensiblen, so gerechten, so integren Menschen, wie er es war."

Der Mensch in der Revolte
Camus mit hochgeschlagenem Mantelkragen und Zigarette im Mundwinkel, eine Erscheinung wie Humphrey Bogart, hatte 1947 mit der "Pest" den internationalen Durchbruch geschafft - mit einer Parabel über die Widerstandslosigkeit der Bevölkerung gegen die Despotie, feierte in der Nachkriegszeit als Theaterautor und Regisseur an den namhaftesten Pariser Bühnen Triumphe, oft mit der großen Maria Casares in der weiblichen Hauptrolle, hatte 1951 seinen philosophischen Essay "Der Mensch in der Revolte" veröffentlicht - eine Abhandlung über den Zusammenhang zwischen dem Sich-Auflehnen der Menschen und dem Entstehen totalitärer Systeme. Die Revolte, das Sich-Auflehnen gegen das Absurde im menschlichen Leben - ein Thema, das sich durch Camus' gesamtes Werk zieht.

Der Schriftsteller Jules Roy, wie Camus Algerienfranzose, charakterisierte seinen Freund mit den Worten: "Seine Prioritäten waren immer Gerechtigkeit, Ehre, Aufrichtigkeit und das Einhalten gegebener Versprechen."

"Sonne" Camus
Albert Camus' Tochter Catherine, die jetzt, 50 Jahre danach, erstmals ein Buch über ihren Vater geschrieben hat, assoziiert ihn in erster Linie mit der Sonne:

"Er war wie die Sonne, strahlte etwas ungeheuer Lebendiges aus, hatte ein unglaubliches Lachen , war warmherzig, großzügig, offen und konnte zuhören. Alles Überflüssige war ihm zuwider. Er sagte: Wenn man ein Dach über dem Kopf hat, was zu essen und Bücher, hat man alles, was man braucht und ich denke, er hatte Recht."

Eine Stimme für die Schwachen
Heute, ein halbes Jahrhundert nach seinem tragischen Tod, wird Camus, der Gegner aller totalitären Regimes, der Moralist und Kämpfer für Gerechtigkeit über alle ideologischen Grenzen hinweg gefeiert. Camus, der Antifaschist war, aber auch Antistalinist. In Zeiten des Kalten Krieges hatte dies zur Folge, dass die Pariser Intelligenzia ihn deswegen als Reaktionär verurteilte.

Die wirklichen Reaktionäre aber sahen in Camus sehr wohl denjenigen, der er immer war: ein Mann der Linken, der die Welt der Politik und des großen Geldes verabscheute, einer, der den Schwachen und Erniedrigten eine Stimme geben wollte.

oe1.ORF.at




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