Salam!
Meine Erfahrung:
Also ich habe meinen Mann nicht in einer Disco oder so kennengelernt, da weder er noch ich so etwas gern gemacht hatten.
Einmal konnte ich ihn überreden, mit mir in eine Disco zu gehen, aber war halt nicht sonderlich interessant.
Als wir uns kennen lernten, war ich noch nicht ganz 16 und er 20. Beide noch sehr jung. Schon damals hat es ihn total gestört, dass ich geraucht habe oder mal Alkohol getrunken hab.
Das habe ich dann auch schnell eingestellt.
Viele Dinge waren mir fremd. So zum Beispiel auch, dass er mich nie in der Öffentlichkeit umarmt oder geküsst hat.
Somit fing ich an, Fragen zu stellen und habe gelernt, dass vieles in Algerien nicht üblich ist. Sei es traditionell oder religiös bedingt.
Mein Mann hat eigentlich immer gebetet, von klein an, aber als er eine weile in Deutschland war, hat er einige Zeit nicht gebetet. Er fühlte sich schlecht und war unzufrieden und ich(war damals keine Muslima) habe ihm empfohlen, zu beten.
Er fing wieder damit an und hat mir auch Bücher besorgt, damit ich über den Islam lernen kann.
Irgendwann habe ich ihm dann gesagt, er soll mir das Gebet beibringen und ich bin Muslima geworden. Für mich, aus Überzeugung und freiem Willen.
Wir hatten viele Problem und Auseinandersetzungen(was aber eher mit unseren Charakteren zu tun hatte) aber irgendwann haben wir geheiratet. Er hat mir niemals gesagt, dass er keine "Ungläubige" heiraten dürfe. Das wusste ich nicht.
Bis heute sind wir nicht standesamtlich verheiratet. Er braucht keine Papiere, da er die französische Staatsbürgerschaft hat. Auch das wusste ich früher nicht.
Er ist zwar in Frankreich geboren, aber hamdullah in Algerien aufgewachsen.
Keine Ahnung, wie er sich gegenüber einer algerischen Frau verhalten würde. bei mir toleriert er nicht viel (gibt auch nicht viel zu tolerieren) aber mein Eindruck ist, dass er bei seinen schwestern viel weniger streng ist, als bei mir.
Ich kann es nicht so genau an irgendetwas festmachen. Wir fahren, da wir beide Muslime sind die gleiche Schiene. In anderen Dingen streiten wir, diskutieren oder tolerieren.
Er hat z.B. ein großes Problem, dass ich für eine Ehefrau doch recht unabhängig bin und fühlt sich in seiner Männerehre gekränkt, andererseits nutzt er auch gern die Vorteile davon, wenn z.B. lästige Angelegenheiten wie Rechnungen etc, Regale anbohren ...von ihm ferngehalten, bzw. von mir übernommen werden.
Ich denke, vieles hat sich ergeben, da wir quasi gemeinsam "erwachsen" geworden sind. Wir sind jetzt 10 oder 11 (kann mich nicht mehr erinnern) Jahre verheiratet, Eltern und sehen zu, dass wie miteinander gut klarkommen.
ich denke, was er zu schätzen weiß, ist die Tatsache, dass wir das, was wir haben(ist nicht viel aber hamdullah) gemeinsam erarbeitet haben.
Als wir geheiratet haben, hat er vorher nur seinen Vater informiert und den Rest der Familie vor vollendete Tatsachen gestellt. Seine Brüder und eine Schwester kannte ich schon vorher und sie haben uns immer unterstützt.
Seine Mutter habe ich nach der Hochzeit kennengelernt, genau wie den Rest seiner Geschwister und seinen Vater.
Ich weiß nicht, wie es ihnen damit ging, aber wenn es ihnen nicht recht war, haben sie es sich nicht anmerken lassen. ich habe mich immer Willkommen gefühlt. Das hat sich bis heute nicht geändert. Ich glaube, es fällt ihnen heute gar nicht mehr auf, dass ich Deutsche bin.
Eine Zeit gab es auch mal, in der ich stolz bei Nachbarn und Verwandten "vorgeführt" wurde. Die Deutsche Muslima. War schon etwas seltsam.
Was mich auch bestärkt, sind die Aussagen seiner Familie, dass er sich sehr zum Besseren verändert hat, seit er mich kennt. Eine bessere Anerkennung der Familie kann ich ja nicht bekommen.
ich denke, sie haben sich auch nichts erhofft, von einer Ehe mit einer Europäerin, da sie ja selbst einige Jahre (nicht viele) in Frankreich gelebt haben. Sie kannten also die Umstände und wissen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Heute ist es eher so, dass meine Schwiegermutter, wenn ich sie am Wochenende besuche, mir die Taschen mit Lebensmitteln vollpackt. Sie weiß, dass es auf der Arbeit meines Mannes nicht gut läuft und hilft, wenn sie kann, ohne das wir darum gebeten hätten.
Seit dann auch noch die Enkel dazugekommen sind, ist die Familie eng zusammengerückt.
Heute ist es so, dass die Arme nicht schläft, wenn sie weiß, es geht mir nicht gut.
Als ich letztens im Krankenhaus war, weil mein Baby zu Beginn des 6. Schwangerschaftsmonats gestorben ist, hat sie kein Auge zugetan und meinen Schwager und meine Schwägerinnen geschickt(sie selbst ist fast blind und nicht so gern unterwegs, um zu sehen, wie es geht. Sie hat sich so gesorgt, bis sie merkte, dass es mir langsam besser ging.
Ich denke, mehr Akzeptanz kann ich mir nicht wünschen. Ich habe schon oft erlebt, dass viele Algerierinnen große Probleme mit ihren Schwiegermüttern haben. Ich denke, da habe ich als Deutsche auch einen vorteil. Bei mir wird eher mal über einen faux-pas hinweggesehen, als bei einer "einheimischen", da ich es ja als Deutsche nicht anders wissen kann
Obwohl sie sich auch super mit meiner algerischen Schwägerin versteht.
Ich liebe es, wenn sie Binti zu uns sagt und habe auch in ihr eine gute Verbündete gegen meinen Mann gefunden (wenn es mal wieder nötig ist)
Au wei..ich hab ja einen Roman geschrieben, wo es nur ein kurzer Erfahrungsbericht sein sollte.
malika