Die Gegner einer Verständigung mit Muslimen machen mobil. Ein Islamwissenschaftler wird massiv bedroht, wegen eines Moscheebaus in Köln kursieren Hass-Mails. In Brüssel planen Europas radikale Islamgegner eine große Kundgebung – ausgerechnet am 11. September.
In der Debatte um den Islam in Deutschland mehren sich die schrillen Töne. Beide Seiten verwenden dabei in ihren Polemiken gern den Bezug zum NS-Staat. So hatten zuletzt türkische Medien und Verbandsvertreter das neue Zuwanderungsrecht mit den Nürnberger Gesetzen verglichen.
Aber auch das Lager der Islamgegner macht mobil. Eine am 18. Juli von der Stadt München organisierte Veranstaltung mit dem Erlanger Juraprofessor und Islamwissenschaftler Mathias Rohe musste kürzlich abgebrochen werden, weil eine Gruppe von Störern mit Zwischenrufen wie „Blockwart“ auf sich aufmerksam gemacht hatte. Wenige Tage später erhielt Rohe eine E-Mail mit der Anrede „Sie schmieriger Dhimmi“ (Dhimmi, eigentlich eine Bezeichnung für Nichtmuslime in muslimischen Ländern, ist der neue Kampfbegriff für alle, die dem Islam angeblich zu naiv und liberal gegenüberstehen).
In der Mail, die Rohe der Polizei übergeben hat, heißt es: „Sie sind also auch einer von jenen verbrecherischen Hochverrätern, die Deutschland an den faschistoiden, totalitären und zutiefst imperialistischen Islam verraten und verkaufen wollen.“ Der anonyme Schreiber fährt fort: „Ich werde mich unglaublich bereichert fühlen, wenn Ihresgleichen, am Halse aufgehangen, am Baukran baumelt. Und wenn Ihnen dann die Visage blau anläuft, die Zunge aus dem Maul hängt, Ihr Schließmuskel versagt und Sie ein letztes Mal unter sich machen, dann, ja dann, werde ich bereichert sein. Ein Einheimischer.“
"Wischmopp und Eimer, Kamera, ein schönes großes Kreuz"
Die Website Politically Incorrect, auf der das Schreiben aufgetaucht war, hat es inzwischen von der Seite genommen. In einem anderen Eintrag hieß es dort: „Künftige Teilnehmer eines Vortrags von Herrn Rohe sollten immer die passende Ausrüstung mitnehmen: Wischmopp und Eimer, Kamera, ein schönes großes Kreuz, eine fertige Erklärung, in der das Ableben des Referenten mit den Jahrhunderten islamischer Ausbeutung christlicher Länder sowie dem unverzeihlichen Dschihad gegen Hamburger Schnitzel begründet wird, eine Handvoll Schmerztabletten wegen der Humanität und schöne scharfe Messer.“ Der Kölner Ethnologe Erwin Orywal hat dieser Tage wegen eines Interviews zum Moscheebau in Köln dieselbe Mail bekommen. Den Vorwurf, den Islamismus zu verharmlosen, weist Rohe zurück: „Zu Recht wird die fanatisierte islamische Religion als große Gefahr wahrgenommen, die Anschläge in aller Welt seit Jahren belegen es nur allzu erschütternd“ (Rohe hat dazu diverse Aufsätze publiziert und wird vom Verfassungsschutz als Experte konsultiert). „Eine Auseinandersetzung mit derartigen Ideologien ist auch für muslimische Theologen dringend geboten. Dennoch oder gerade deshalb muss aber auch Versuchen, friedliche Muslime in Sippenhaft für Verbrechen im Namen des Islam zu nehmen, entschieden entgegengetreten werden. Es hat auch schon Brandanschläge auf bewohnte Moscheen gegeben.“ Auch die feministische Islamkritik schärft rhetorisch die Waffen. So erklärt Alice Schwarzer in der Zeitschrift „Emma“, die Islamisten „werden vermutlich leider nicht mehr mit nur demokratischen Mitteln zu stoppen sein“. Mathias Rohe hält derzeit die Zahl der radikalen Islamgegner – zu denen Neonazis, Feministinnen, gewendete Ex-Linke und städtische Bürgerinitiativen gehören – für begrenzt: „Eine Massenbewegung ist das nicht.“
Motto der Kreuzzügler aufgegriffen
Sein Kollege Orywal sieht die Lage ernster. „Die Anti-Islam-, wohlgemerkt nicht Anti-Fundamentalismus-Seiten, haben sich deutlich und erheblich verbreitet. Ich habe das Gefühl, dass systematisch alle Personen, die sich öffentlich für einen Dialog aussprechen, sagen wir, angeschwärzt Verhandlungen – etwa die Islamkonferenz des deutschen Innenministers – gelten bei den Islamgegnern als „Appeasement“: „Wir glauben nicht an das Konzept eines angeblich moderaten Islam“, erklärt Anders Gravers von der dänischen Anti-Islam-Partei SIOE. „Die Tatsachen sprechen dafür, dass der Islam genau das Gegenteil von moderat ist.“ Derzeit ruft die Organisation Pax Europa – gegen Eurabien (gegründet vom Publizisten Udo Ulfkotte) zu einer Demonstration am 11. September in Brüssel auf. Homepages wie Deus Vult Caritatem (das Motto der Kreuzzügler) applaudieren dazu; die Site Gates of Vienna bietet Baseballcaps mit dem Aufdruck „Islamophob und stolz darauf“ an. Brüssels Bürgermeister Freddy Thielemanns hat die Demonstration einstweilen mit Hinweis auf die große muslimische Bevölkerung der Stadt verboten.
...ich kann über so was nur den kopf schütteln. mir scheint, dass toleranz, gegenseitige rücksichtnahme bei allen diesen leuten aus dem gedächtnis gelöscht wurde. leider kann man nicht sagen, lasst doch die paar spinner gehen. sie zerstören auch gute verhältnisse zwischen leuten, die bislang immer miteinander ausgekommen sind.