Zitat Die algerische Polizei hat am Donnerstag rund 500 streikende Arbeiter daran gehindert, aus dem Industriegebiet von Rouiba in das Zentrum des Vororts der Hauptstadt Algiers zu ziehen. Die Arbeiter waren vor drei Tagen in den Generalstreik getreten, um Lohnerhöhungen und eine Beibehaltung der Vorruhestandsregelung zu erreichen. Ausgegangen war die Streikbewegung von den Arbeitern des staatlichen Automobilherstellers SNVI.
“Wir werden erst wieder arbeiten, wenn wir unsere Rechte durchgesetzt haben: eine Lohnerhöhung und keine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, weil wir sehr hart arbeiten müssen. Wir können nicht arbeiten bis wir 60 sind. Das gilt nicht nur für uns sondern für alle algerischen Arbeiter”, erklärt der 55-jährige Gewerkschaftler Zetoto Mustafa.
Seit Oktober kommt es in Algerien immer wieder zu sozialen Unruhen. Auslöser sind stark gestiegene Preise, insbesondere für Gemüse. “Wir machen weiter! Wir haben kein Recht, aufzugeben!”, gibt sich der Gerwerkschaftsfunktionär Mohammed Ameziane kämpferisch.
Die Streiks wecken Erinnerungen an das Jahr 1988. Damals führte eine Streikbewegung zu Unruhen in der Hauptstadt Algiers, bei denen rund 500 Menschen getötet wurden. Sie schürten den bewaffnten Aufstand der Islamisten, der über ein Jahrzehnt lang Algerien in Atem hielt.
also mehr lohn ok. aber auf keinen fall rente ab 60? ich bin zwar nur imm sommer im urlaub in algerien, aber mir erscheint es nicht grad so, als ob sich jemand tot arbeitet....
LG
waharania
Was immer passiert, tue immer so, als wäre es genau deine Absicht gewesen. Paul Dickson
Warum nicht schon mit 60 in Rente ? Das hat doch etwas mit Lebensqualität, zu tun. Hast Du schon mal bei 35-40 Grad gearbeitet ? Wenn das Sozialsystem eine Rente mit 60 erlaubt, warum nicht ? Wenn ich sehe in welchem Alter viele Beamte in Deutschland in Rente oder Pension gehen, obwohl sie selten oder nie in die Rentenkasse eingezahlt haben, könnte ich ko...en. Die Leute welche die Polizei auf die Streikenden gehetzt haben, lassen es sich schon in viel jüngerem Alter gut gehen. Statt Solidarität, haben Diejenigen die sich wehren es immer öfter mit Anfeindungen, zu tun. Ist jedenfalls in Deutschland oft so. In dieser Beziehung sind mir die französischen Arbeiter sehr sympathisch. Dort ist man sehr oft solidarisch.
was Waharania hier beschreibt, habe ich auch feststellen müssen. Als ich vor einiger Zeit bei einer Behörde in Algier etwas erledigen wollte, haben die dort eigentlich nicht gearbeitet. Ich war mit einer Freundin dort, die dort eine Bekannte hatte. Eigentlich hat sich das ganze Büro, welches aus ca 7 Mitarbeiter/in besteht, in den fast 3 Stunden, wo wir dort waren, nur unterhalten und nicht gearbeitet. Gegen 17 Uhr meinten einige, dass sie von der "Arbeit" echt geschafft seien!!! Viel Stress, sie hätten überhaupt keine Zeit sich auszuruhen! Ein wirklich unvergessenes Erlebnis! Kein Wunder, dass da so manches schief läuft.
kasbahman, sie wollen ja nicht mit 60 in rente sondern mit 55! ist mir klar, dass überall leute in rente oder vorruhestand gehen, die wenig bis gar nicht gearbeitet haben in ihrem leben. aber ich habe wirklich nicht den eindruck, dass algerier die arbeit erfunden haben. meine freundin arbeitet bei einer deutsch-algerischen institution. vor zehn und nach fünfzehn uhr ist in staatlichen unternehmen niemand zu erreichen. und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das nur auf die verwaltung beschränkt.
LG
waharania
Was immer passiert, tue immer so, als wäre es genau deine Absicht gewesen. Paul Dickson
Die Arbeitsmoral der meisten kann man nicht bestreiten, viele schlagen nur ihre Zeit tot, mehr nicht. Gerade in der algerischen Bürokratie rührt keiner schneller den Finger als nötig, aber das wissen ja die meisten die je damit zu tun hatten. Doch müßte man auch diverse andere Umstände berücksichtigen, es gibt auch in Algerien sehr harte Arbeit die von fleißigen Arbeitern erledigt wird, aber nicht vernünftigt entlohnt oder belohnt wird.
Ich möchte Dark Eyes zustimmen, dass man etwas differenzieren muss. Die Beamten in den Verwaltungen machen auch nach meinen Erfahrungen einen acte de presence, sind körperlich anwesend. Wenn man von denen etwas benötigt hat man i.d.R. ein echtes Problem und braucht gute Nerven.
In den Staatsbetrieben Sonatrach und Sonelgaz, den größten und wichtigsten staatlichen Unternehmen im Land (und ich glaube sogar in ganz Afrika), wird schon mehr gearbeitet. Die Arbeitszeiten gehen von 08.00 - 16.00 h bei einer Stunde Mittagspause. Ob alle morgens immer pünktlich sind weiß ich nicht, aber man geht jedenfalls pünktlich. Das macht bei 5 Arbeitstagen eine 35 Stunden Woche, die auch so gelebt wird. Damit meine ich, dass man, nicht wie in Deutschland mittlerweile üblich, zahlreiche Überstunden macht. Aus meiner deutschen Industriesicht also durchaus angenehme Arbeitszeiten.
Allerdings leidet die Effizienz bei Sonatrach und Sonelgaz unter einem extensiven Verwaltungsapparat sowie Inkompetenz und Angst der Mitarbeiter vor Entscheidungen. Dass viele Mitarbeiter inkompetent sind, ist nicht verwunderlich, denn leider ist Algerien über viele Jahre vom technologischen Fortschritt abgekoppelt gewesen. Fachkräfte, z.B. Ingenieure, können bis heute nicht reisen, um sich auf Messen o.ä. über Technologien oder Innovationen zu informieren. Leider überlässt Deutschland da Frankreich weitgehend das Feld. Ich muss allerdings sagen, dass die Sonatrach im Vergleich mit anderen algerischen Unternehmen immer noch über überdurchschnittlich gute Mitarbeiter verfügt.
Ich selbst habe bei meinen diversen beruflichen Aufenthalten in Algerien gelernt, dass man nicht zu schnell und auch nicht zu negativ urteilen darf, denn alles hat eine Historie. Ein ehrgeiziger Mitarbeiter hat es in diesem Umfeld besonders schwer und muss sicherlich viele Frustrationen verarbeiten. Wie lange hält man das durch, wenn man keine Alternativen hat? Irgendwann kommt man dahin, was man in Deutschland die innere Kündigung nennt.
Durchaus positiv ist mir aufgefallen, dass man die Algerier sehr leicht motivieren kann und dass schnell viel Begeisterung entsteht, wenn plötzlich ein Ziel, eine genau definierte Aufgabe oder Herausforderung da ist. Das Gemeimnis des Erfolges liegt in der richtigen Ansprache und der sehr engen Führung. Ein ehrlich gemeintes Engagement z.B. eines ausländischen Unternehmens (z.B. durch Produktschulungen, technische Beratung etc.) wird in jedem Fall honoriert. Aber Grundvoraussetzung ist Symphatie, sonst geht im Endeffekt nichts.
Hoffnungssträger sind aus meiner Sicht die privaten Unternehmen (wie z.B. Cevital), die für algerische Verhältnisse sehr professionell arbeiten. Hier wird die Zeit nicht totgeschlagen. Es gilt wie überall in der Privatindustrie das Prinzip von Lohn und Leistung.
Über das Thema Arbeitsmoral könnte man viele Seiten füllen. Aus meiner Sicht ist in Algerien nicht alles nur negativ. Man darf die annees noires nicht vergessen, deren Konsequenzen immer noch nachwirken. Aber durch die deutsche Brille betrachtet ist der Unterschied natürlich gigantisch. Auch ich werde mich in diesem Jahr wieder ärgern, fluchen, frustriert sein - aber auch angenehm überrascht, erfreut und beeindruckt.